Bernhard Zwiesler: “Bauherren sollten trotz Rohstoffdiskussion nicht nervös werden.”

Bernhard Zwiesler, Geschäftsführer der UBZ Immobilien GmbH, weiß, wovon er spricht. Zwiesler ist seit über 20 Jahren in der Baubranche tätig und hat manche kritische Marktkonstellation erlebt. Natürlich lässt sich die Tatsache, dass durch eine Verkettung mehrerer, voneinander unabhängiger, Umstände es Engpässe bei Baumaterialien gab, nicht wegdiskutieren oder gar leugnen. Panikreaktionen seitens der Bauherren sind aber der falsche Ansatz.

Was führte zur Verknappung der Rohstoffe im Bausektor?

Um die Situation, die seit Anfang 2021 die Baubranche beeinträchtigte, nachvollziehen zu können, macht eine Betrachtung der zeitlichen Abfolge einen Sinn.

Losgelöst von allen Krisen sind es die Volkswirtschaften China und Indien, die gerade Holz und Stahl für ihren enormen Baubedarf wie Magneten anziehen. Schon Anfang des Jahrtausends hieß es, die Chinesen würden den Holzmarkt leer kaufen.

Zu diesem Grundrauschen der erhöhten Nachfrage gesellten sich die geschlossenen Häfen in China, die hunderte von Containerschiffen zeitweilig auf Reede hielten. Die Blockade des Suezkanals durch den Megafrachter “Ever Given” war nur eine kurzfristige Erscheinung, zeigte aber ebenfalls Wirkung. Deutlich gravierender waren die Folgen der Corona-Pandemie. Die USA, einer der größten Holzproduzenten, hatte einerseits die Produktion heruntergefahren, andererseits bestand aber eine ungebrochene Nachfrage nach dem Rohstoff.

Bernhard Zwiesler bringt die Problematik auf den Punkt: “Die US-Bauträger sind, ähnlich wie die Chinesen, bereit, fast jeden Preis für Holz zu bezahlen. Die Europäer hatten in diesem nachfragegesteuerten Markt ganz klar das Nachsehen.”

Aber nicht nur Holz wurde knapp, in Deutschland ging aufgrund der Produktionseinschränkungen langsam aber sicher der Flachstahl aus. Laut Bauindex-online.de hatten im Jahr 2020 rund 90 Prozent der Zulieferer Lieferprobleme. Betrug der Preis für eine Tonne Stahl im Jahr 2020 noch 400 Euro, stieg er im ersten Halbjahr 2021 auf rund 700 Euro.

Den Lockerungen nach der Coronapandemie, die auch eine mögliche Entspannung bei Rohstoffen hätten mit sich bringen können, folgte jedoch im Februar 2022 der Ukraine-Krieg. Der nächste Engpass war vorprogrammiert.

Die Verknappung an Baustoffen hatte ihre Ursache in einer “Force Majeure” (höhere Gewalt) in Texas, einem der größten Chemiestandorte weltweit. Nach einem Kälteeinbruch im Februar 2021 fiel dort für einen längeren Zeitraum der Strom aus. Die Produktion stand still. Ersatz war nicht möglich, da andere Hersteller weltweit coronabedingt die Anlagen zu weiten Teilen heruntergefahren hatten, auch für Wartungsarbeiten.

Die Baubranche stand vor einer Herausforderung. Die Not machte allerdings auch erfinderisch. So schrieb die Süddeutsche Zeitung in dem Artikel “Schaffe, schaffe, Häusle teuer”, dass in Bayern zwei abbruchreife Supermärkte zum Ausschlachten freigegeben wurden. Kabel und Fenster fanden allemal Abnehmer.

Bernhard Zwiesler sieht Materialbeschaffungsrisiko beim Bauunternehmer

Nachdem wir im ersten Schritt die Ursachen für die Materialverknappung und möglichen Preissteigerungen bei Bauvorhaben betrachtet haben, gilt der nächste Blick den Folgen der Rohstoffverknappung.

Für private Bauherren, die in Eigenregie eine Immobilie erstellen, gilt die Aussage von Bernhard Zwiesler nicht. Wer auf eigene Rechnung baut, die Baubetreuung dem Architekten überlässt, sich aber selbst um die Materialbeschaffung kümmert, hatte im Jahr 2021 tatsächlich mit den Preissteigerungen zu kämpfen. Für die Medien war diese Situation ein gefundenes Fressen. Junge Familien, die das mühsam erworbene Baugrundstück wieder veräußern mussten, weil sie den eigentlichen Bau des Traumhauses nicht mehr bezahlen konnten, Bauträger, die sich mit fünfstelligen Beträgen aus Festpreisverträgen herauszukaufen versuchten, weil die Kosten den Ertrag überstiegen.

Und genau in den Festpreisverträgen mit Bauträgern liegt laut Bernhard Zwiesler der Vorteil für Bauherren, die mit einem Bauträger kooperieren. “Die Zusammenarbeit mit einem Bauträger auf der Grundlage eines Festpreisvertrages stellt für den Bauherren sicher, dass er vor dem ersten Spatenstich die genauen Kosten kennt, ohne böse Überraschung.”

Auf die Unternehmen angesprochen, die versuchten, sich aus geschlossenen Verträgen freizukaufen, zieht Zwiesler den Schluss “jedes gesunde und sauber geführte Unternehmen, ob Bauträger oder Obstplantage, betreibt ein Risikomanagement. Sei es, um steigende Preise bei Rohstoffen aufzufangen, sei es, um im Fall der Obstplantage Ernteausfälle zu kompensieren. Es sollte für den Bauherren wie für den Obstliebhaber selbstverständlich sein, dass dieses in die Leistung eingepreist ist, um eben auch in Krisensituationen den Vorteil der Verbraucher sicherzustellen.”

Wie sollten Bauherren mit der Situation umgehen?

Der Ansatz liegt für viele potenzielle Bauherren eigentlich auf der Hand. Wer bereits ein Grundstück besitzt, aber noch in der Planungsphase ist, kann sich Festpreisangebote von Bauträgern einholen. Damit ist das Preisrisiko bei den Baumaterialien ausgelagert.

Wer sich mit einem Architektenhaus bereits in der Bauphase befindet, steht einer größeren Herausforderung gegenüber. Der Hinweis, den Bernhard Zwiesler diesem Personenkreis gibt, mag wenig populär sein, aber dafür realistisch. Bauherren sollten, sofern die Bank mitzieht, in den sauren Apfel beißen, die höheren Kosten in Kauf nehmen und gegebenenfalls nachfinanzieren. Eine Entspannung bei den Rohstoffen tritt selbst dann nicht ein, wenn die Produktion weltweit von einem Tag auf den anderen wieder komplett ausgelastet ist. Die Problematik liegt ja nicht nur darin, dass die Preise steigen, die Problematik liegt auch darin, dass die Lieferfristen ausufern, respektive Produkte gar nicht mehr erhältlich sind. Einen Rückgang der Preise sieht Bernhard Zwiesler nicht, eher im günstigsten Fall keinen weiteren Anstieg.

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