Das Thema Windkraft ist nicht ganz unumstritten. Während die einen sie für die wohl sauberste Möglichkeit zur Stromerzeugung halten, sehen andere darin eine Verunstaltung der Landschaft. Es gibt aber nicht nur große Windkraftanlagen. Die sogenannte „Kleine Windkraft“ kann mitunter auch für Bauherren interessant sein.
Wir haben dazu mit Herrn Martin Jaksch-Fliegenschnee von der IG Windkraft in St. Pölten gesprochen.
Wie hat sich die Windkraft in den letzten Jahren in Österreich entwickelt und wo steht Österreich im Europavergleich?
In den letzten Jahren verzeichnet der Ausbau der Windkraft leider einen sehr deutlichen Abwärtstrend. Konnten 2014 noch 143 Windräder errichtet werden, werden es 2020 voraussichtlich nicht einmal 20 sein. Seit sieben Jahren weisen wir die Politik darauf hin, dass es beim Ökostromausbau einen dringenden Handlungsbedarf gibt.
Fertig genehmigte Windräder warteten jahrelang auf die Förderzusage. Durch die ständige Stopp-and-Go-Politik der letzten Jahre hat sich der Ausbau der Windkraft stark verzögert.
Erst kürzlich kam der Entwurf für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz in die Begutachtung. Ob es auch ein Erfolgsgesetz in Sachen Klimaschutz wird, wird erst der Beschluss im Parlament zeigen. Derzeit reicht der Entwurf dafür nicht aus.
Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern fällt Österreich auch weit zurück. Während Dänemark seinen Anteil an erneuerbarer Energie am Stromverbrauch in den letzten 25 Jahren um 55 Prozent steigern konnte und Deutschland mit 36 Prozent auch noch eine deutliche Steigerung vorweisen kann, ist der Anteil in Österreich sogar um 5 Prozent zurückgegangen. Leider ist im Bereich der erneuerbaren Energien die Vorreiterposition von Österreich schon lange verloren gegangen.
Gesellschaftliche Akzeptanz der Windkraft
Der Bau von Windkraftanlagen sorgt immer wieder für Gesprächsstoff. Wie hat sich das Bewusstsein für diese Form der Energiegewinnung in den letzten Jahren entwickelt und haben Sie den Eindruck, dass sie in der Bevölkerung mehr Akzeptanz findet als zuvor?
Die IG Windkraft lässt seit über 10 Jahren Umfragen zu diesem Thema durchführen. Diese zeigen einen klaren Trend nach oben. Im internationalen Vergleich ist die Zustimmung in Österreich besonders hoch und hat in den letzten Jahren tendenziell sogar zugenommen. Besonders hoch ist sie in jenen Regionen in denen Windräder stehen. Gerade Personen, die in der Nähe von Windrädern wohnen, stehen auch dem weiteren Ausbau der Windkraft noch positiver gegenüber als der Rest der Bevölkerung.
Dies darf man allerdings nicht mit jenen Diskussionen verwechseln, die es in Gemeinden immer wieder über die Windkraft gibt. Diese sind nötig, um die Zustimmung der Bevölkerung zu einzelnen Windparks zu bekommen. Denn die Umwidmung der Flächen, auf denen die Windräder stehen sollen, bedarf der Zustimmung der Gemeinden.
So wird zu Beginn einer Windkraftprojektidee intensiv mit der Bevölkerung vor Ort diskutiert. Am Ende dieser Diskussionen steht dann eine Bevölkerungsbefragung, die fast immer mit einer Zustimmung zum Windpark endet. So sind in Niederösterreich in den letzten 20 Jahren 94 Prozent aller Projekte genehmigt worden und nur 6 Prozent durch negative Abstimmungen der Bevölkerung nicht gekommen.
Was ist die kleine Windkraft?
Unter welchen Voraussetzungen kann die “Kleine Windkraft” für Eigenheimbesitzer und Bauherren interessant sein?
So wie jede kleine PV-Anlage am Dach einen kleinen Anteil zur Energiewende beiträgt, kann das auch jedes Kleinwindrad. Bei der Errichtung muss man aber genau planen und messen, ob und wo das Windrad später stehen kann. Es muss vom Wind frei angeströmt werden können, das heißt, dass es um das eineinhalb Fache das größte Hindernis in der Umgebung überragen muss, um optimal Strom zu erzeugen.
Und natürlich muss in der Region auch genügen Wind wehen. Aus wirtschaftlicher Sicht rentiert es sich derzeit noch nicht, ein Kleinwindrad zu errichten. Allerdings, wenn sich jemand einen Swimmingpool in den Garten stellt, dann wird auch selten gefragt, ob sich das wirtschaftlich rechnet.
Was kostet ein Kleinwindrad?
Welche Fördermöglichkeiten gibt es in Österreich für die “Kleine Windkraft”.
Derzeit gibt es leider keine Förderungen für die Errichtung von Kleinwindrädern. Mit dem kommenden Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wird es aber erstmals Investitionsförderungen geben. Es ist zu hoffen, dass dadurch ein erster kleiner Anschub für die Kleinwindkraft gelingen wird.
Die wahrscheinlich am häufigsten gestellte Frage betrifft die Kosten. Diese sind natürlich von zahlreichen Faktoren abhängig. Welche Leistung empfehlen Sie für ein Einfamilienhaus und mit welcher Preisspanne muss der Häuslbauer rechnen?
Die Kosten sind davon abhängig, wie leistungsstark das Windrad ist. Für die Wirtschaftlichkeitsrechnung ist es auch entscheidend, dass ich möglichst viel des erzeugten Windstroms selbst verbrauchen kann. Je nach Größe schwanken die Kosten zwischen 10.000 und 40.000 Euro. Wichtig dabei ist, auch darauf zu achten, welche Windradtype eingesetzt wird.
Der Kleinwindkraftmarkt ist leider sehr unübersichtlich und etliche Hersteller können nicht das halten, was sie versprechen. Daher sollte man sich mit Betreibern von bereits bestehenden Kleinwindrädern kurzschließen.
Erfahrungen dazu und eine Checkliste was bei der Errichtung von kleinen Windrädern beachtet werden muss, sind auf der Kleinwindkraftwebsite www.kleinewindkraft.at zu finden. Im Energieforschungspark Lichtenegg werden laufend Kleinwindräder getestet. Hier kann man dann schnell sehen, ob die Angaben der Hersteller auch den Tatsachen entsprechen.
Sollte man andere erneuerbare Energien mit Windkraft kombinieren?
Viele Bauherren denken auch über die Verfügbarkeit der Energie nach, schließlich ist es nie konstant windig. Welche Möglichkeiten gibt es zur Speicherung und welche Tipps können Sie hierzu geben?
So wie bei einer PV-Anlage, die nur Strom erzeugt, wenn die Sonne scheint, erzeugt ein Windrad nur dann Strom, wenn genug Wind weht. Daher ist es bei der Nutzung erneuerbarer Energien wichtig, möglichst alle verschiedenen Technologien zu verwenden.
Damit hat man immer Strom, denn entweder scheint die Sonne, oder es weht der Wind, oder es regnet und man kann die Wasserkraft nutzen. In Trockenzeiten, ohne Sonne und Wind hat man immer noch die Biomasse, die die Sonnenenergie gespeichert hat und dann eingesetzt werden kann.
In Österreich hängen PV-Analgen oder Kleinwindräder fast immer am Stromnetz. Dann kann man den Strom, den man selber nicht verbrauchen kann, ins Netz einspeisen und an einen Stromvermarkter verkaufen. Ist einem die Autarkie wichtig, dann kann man aber diesen Strom auch in einer Batterie speichern. Für den Kauf von Speichern wird es mit dem kommenden Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz Förderungen geben.
Zukunft der Windkraft
Wie ist es um die Zukunft der Windkraft in Österreich bestellt und wie entwickelt sich die “Kleine Windkraft”? Ihre Prognose für die Zukunft?
Wir befinden uns mitten in der Klimakrise. Klimaschutz muss oberste Priorität haben und ein zentraler Punkt dabei ist die Energiewende. Bis 2040 muss die Energieerzeugung vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
Derzeit liegt der Anteil erst bei einem Drittel. Zweidrittel des Energieverbrauches decken wir noch immer mit Kohle, Gas, Erdöl und Atomkraft ab. Den größten Teil der Energiewende werden die Windkraft und die Sonnenenergie besteuern müssen. Selbst bei einer Halbierung des Energieverbrauchs muss eine Verdreifachung der erneuerbaren Stromerzeugung (abseits der Großwasserkraft) erfolgen.
Hier hat Österreich eine große Aufgabe vor sich. Die Kleinwindkraft wird hier auch seine Anteile beisteuern können. Die großen Strommengen wird aber die Großwindkraft liefern müssen, erzeugt ja ein einzelnes Großwindrad so viel Strom, wie mehr als 1.000 Kleinwindräder.
Mehr Informationen zur IG Windkraft finden Sie hier: igwindkraft.at