Steigendes Umweltbewusstsein und die immer deutlicheren Anzeichen des Klimawandels haben auch im Bereich Hausbau zu einem Umdenken geführt. Anstatt einfach auf fossile Brennstoffe für die Beheizung des Eigenheims zu setzen, informieren sich immer mehr Bauherren über mögliche Alternativen. Eine davon ist die sogenannte Biomasse.
Wir haben mit Christoph Pfemeter, dem Geschäftsführer des österreichischen Biomasse-Verbandes, über die Möglichkeiten für Bauherren gesprochen.
Das Wort “Biomasse” wurde in den letzten Jahren zu einem gängigen Begriff in Österreich. Welche Energieträger schließt der Begriff nun ein und wie steht es um deren Verfügbarkeit in Österreich?
Pfemeter: „Der Begriff Biomasse oder auch Bioenergie umfasst alle flüssigen, gasförmigen und festen Energieträger aus biogenen Rohstoffen. Bioenergie ist auch der bedeutendste heimische erneuerbare Energieträger mit einem Anteil von 50 % unter den Erneuerbaren. Der wichtigste Rohstoff ist Holz, der vordergründig zur Erzeugung von Wärme genutzt wird: in Form von Brennholz, Hackgut oder Pellets.
Mit einer Fläche von rund 4 Mio. Hektar und einem Bewaldungsprozentsatz von 48 % bedeckt der österreichische Wald fast das halbe Bundesgebiet. Seit Beginn der Österreichischen Waldinventur 1961 ist die Waldfläche um 330.000 Hektar angewachsen. Das ist deutlich mehr als die Landesfläche Vorarlbergs. Es wächst noch immer mehr Holz in unseren Wäldern nach, als genutzt wird.“
Was Bauherren wissen sollten
Nach welchen Kriterien sollte ein angehender Bauherr den Energieträger auswählen?
„Das Wichtigste ist erstmal, einen erneuerbaren Energieträger zu wählen. Im zweiten Schritt sollte man sich erkundigen, ob ein Nah- bzw. Fernwärmeanschluss an ein Biomasse-Heizwerk im Ort möglich bzw. nötig ist (vor allem, wenn man Förderungen in Anspruch nehmen möchte). Der größte Vorteil der Fernwärmeversorgung ist der Komfort, denn es wird kein Raum für einen Kessel bzw. für die Energieträger gebraucht und man muss sich auch nicht um die Wartung kümmern. Der Bauherr lagert quasi die Wärmeproduktion aus, was vor allem für ältere Menschen vorteilhaft sein kann.
Entscheidet man sich für eine Biomasse-Zentralheizung, stehen grundsätzlich Brennholz, Hackgut und Pellets als Energieträger zur Verfügung. Brennholz und Hackgut werden in der Regel von Bauherren bevorzugt, die eine kostengünstige Rohstoffquelle haben oder sogar selber Waldbesitzer sind. Die meisten Bauherren entscheiden sich bei einer Holzheizung für Pellets, weil der Komfort unter den Dreien am höchsten ist.
Zuletzt steht auch die Option offen, mit einem Kamin- bzw. Kachelofen das ganze Haus zu beheizen. Eine ideale Kombination für die Wärmebereitstellung ist die gemeinsame Nutzung eines Biomasse-Kessels mit einer Solaranlage, die den sommerlichen Brauchwasserbedarf abdecken kann und somit den Kessel besser auslastet.
Die Auslegung der Kesselleistung muss selbstverständlich immer nach dem erwarteten Verbrauch geschehen.“
Förderungen für Biomasse-Anlagen
Österreich ist bekannt für seine zahlreichen Förderungen. Welche Herangehensweise empfehlen Sie den Konsumenten, um die Fördermöglichkeiten optimal nutzen zu können?
„Im Augenblick herrschen ideale Förderbedingungen für den Umstieg auf eine Holzheizung. Auf Bundesebene wird für Private der „Raus aus dem Öl“-Bonus sowie die Sanierungsoffensive angeboten. Mit dem Bonus wird der Kesseltausch mit bis zu 5.000 Euro seitens des Bundes weiterhin unterstützt. Auch der Anschluss an ein hocheffizientes Nah-/Fernwärmenetz wird unterstützt. Dieser Betrag kann durch den Bezug einer zusätzlichen Landesförderung deutlich erhöht werden.
Der österreichische Biomasse-Verband hat deshalb auch alle Landesförderungen für den Einbau von Holzheizungen in Privathaushalten erhoben und stellt die Ergebnisse samt Kontaktadressen zu den Förderstellen online zur Verfügung (biomasseverband.at/foerderuebersicht/). Gleichzeitig wurde ein Kesseltausch-Förder-Ranking von Heizöl auf Pellets durchgeführt. Mit bis zu 6.000 Euro Landes- und 5.000 Euro Bundesförderung gewinnt Kärnten das Ranking 2020 mit einer Gesamtsumme von bis zu 11.000 Euro. Den zweiten Platz teilen sich Tirol und Vorarlberg mit 9.000 Euro. Im Mittelfeld befinden sich Oberösterreich (8.900 Euro), Steiermark (8.700 Euro) Niederösterreich (8.000 Euro) sowie Salzburg (8.000 Euro).
Antragsstellungsformalitäten und weitere Informationen können auch hier nachgelesen werden: www.umweltfoerderung.at
Der Klima- und Energiefonds fördert auch den Tausch von alten Holzheizungen (vor 2006) mit einem Pauschalbetrag von 800 Euro sowie Pelletskaminöfen mit 500 Euro. Nähere Infos finden Sie auf den Seiten des Klimafonds.
Grundsätzlich kann nur eine Bundesförderung in Anspruch genommen. Diese ist aber mit einer Landes- bzw. Gemeindeförderung kombinierbar.“
Die Preise für fossile Brennstoffe steigen über die Jahre hinweg betrachtet. Wie sieht die Entwicklung im Bereich Biomasse aus? Welche Tipps und Erfahrungswerte können Sie den Konsumenten hier mitgeben?
„Die Entwicklung der Holzbrennstoffe ist deutlich weniger volantil – verglichen mit den fossilen Pendants. Das zeigt sich vor allem im Vergleich zu Heizöl, wo in den vergangenen Jahren, die Preise sehr stark schwankten. Fossile Energieträger sind seit langem deutlich teurer als beispielsweise Pellets:
• Heizöl extraleicht um 21,6 %
• Erdgas um 74,6 %.
TIPP: Die meisten Pelletsproduzenten bieten im Frühjahr Einlagerungsaktionen an.“
Biomasse und Klimawandel
Welche positiven Auswirkungen hat eine verstärkte Nutzung von Biomasse auf das Klima?
„2017 konnten durch den Einsatz erneuerbarer Energien in Österreich 26,5 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente vermieden werden. Biogene Energieträger sparten mit 11,8 Mio. Tonnen CO2e den größten Beitrag ein, der sich zu 75 % auf Wärme, zu 13,3 % auf Treibstoffe und zu 11,7 % auf Strom verteilte. Die größte Emissionsvermeidung im Wärmesektor erbrachten Holzbrennstoffe mit 5,3 Mio. Tonnen, Fernwärme (2,2 Millionen Tonnen) und Ablaugen (1,4 Millionen Tonnen).
Mit der Nutzung von Holz werden enorme Emissionen eingespart. Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Klimaschutz ist die Waldbewirtschaftung, denn nur ein genutzter Wald kann auf lange Sicht ein gesunder Wald bleiben. Der energetischen Nutzung werden nur niedere Holzsortimente bzw. Reststoffe aus der Holzindustrie zugeführt, wo keine weitere Verwendung möglich ist. Die „noblen“ Holzteile werden zu Möbeln, Parkett, Holzhäusern und sonstigen Holzprodukten weiterverarbeitet und speichern dadurch viele Jahre und Jahrzehnte lang zusätzlich CO₂.“
Bauherren, die sich über Biomasse informieren, stoßen bei ihrer Recherche auf Teils heftige Kritik. Dazu zählen moralische Bedenken, die teilweise riesigen benötigten Ackerflächen und eine mutmaßlich ineffiziente Herstellung. Wie sehen Sie diese Punkte und ist diese Form der Kritik berechtigt?
„Ein Bauherr, der mit einer Holzheizung seine Wärmeversorgung sichert, braucht sich weder um die Versorgungssicherheit zu sorgen noch moralische Bedenken haben. Brennholz wird im Umkreis von rund 200 Kilometern aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern bereitgestellt. Dafür benötigt man keinen Quadratmeter Ackerfläche. Im Sägewerk werden Säge-Nebenprodukte quasi ein paar Meter weiter zu Pellets. Österreich produziert auch mehr Pellets als es selber verbraucht.
Also ich empfinde das als sehr effizient, insbesondere wenn ich mir vergleichsweise ansehe, woher Erdöl beziehungsweise Erdgas stammen und unter welchen Bedingungen diese produziert wurden. Einerseits müssen fossile Energieträger zigtausende Kilometer weit zu uns transportiert werden und andererseits geben die Österreicher rund 8 Milliarden Euro jährlich für die fossilen Importe aus teilweise politisch sehr bedenklichen Ländern aus.“
Wie ist es um die Zukunft der Biomasse bestellt?
Wie sehen Sie die Entwicklung des Biomasse-Sektors in Österreich in den nächsten Jahren? Eine Energiequelle mit Zukunft?
„Die Zukunft der Wärmeversorgung liegt in der Biomasse-Fernwärme sowie Holzzentralheizung unterstützt mit einer Solaranlage sowie der Wärmepumpentechnologie. Die türkis-grüne Bundesregierung setzt diesbezüglich bereits jetzt die Rahmenbedingungen. Der Einbau von Ölkesseln im Neubau wurde bereits seit Jahresbeginn verboten. Das Verbot von Ölheizungen bei Heizungswechsel ab 2021, der verpflichtende Austausch von Ölkesseln älter als 25 Jahre ab 2025 und der Austausch aller fossilen Heiz-Kessel bis 2035 sollen in Kürze folgen.
Mit dem Ausstieg aus Heizöl verlagert sich die Wertschöpfung von Ölkonzernen in die heimische Industrie und in die ländlichen Regionen. Auch bei Erdgas ist eine baldige Reduktion bzw. ein Ersatz mit erneuerbarem Gas vorgesehen. Trotz steigender Installation von Holzheizungen wird in Zukunft nicht mehr Holz benötigt, was im ersten Augenblick paradox erscheint. Mit der Technologieentwicklung und der notwendigen Sanierung des Gebäudebestandes wird der Energieverbrauch aber in Zukunft deutlich sinken und dadurch genügend Energie für alle vorhanden sein. Restholz als Energieträger wird künftig einen wesentlichen Beitrag zu diesem erneuerbaren Energiesystem leisten.“
Mehr Infos zum österreichischen Biomasseverband erhalten Sie hier: biomasseverband.at